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Xiaobo Liu

(1955 - )

"Das Huhn töten und es dem Affen zeigen" - die geläufige chinesische Rede- wendung umschreibt die Taktik der Mächigen, jemanden zu bestrafen, um andere damit in Angst und Schrecken zu versetzen. Genau das macht die chinesische Re- gierung gegenwärtig mit dem Schriftsteller und Bürgerrechtler Liu Xiaobo. Seit zwei Wochen wird der 53 Jahre alte Präsident des inoffiziellen chinesischen PEN-Clubs wieder einmal von den Behörden festgehalten. Die Polizei hält ihn offenbar für einen der geistigen Väter der zunächst im Internet veröffentlichen "Charta 08", in der 303 Schriftsteller, Juristen und Künstler mehr Freiheit und Achtung der Menschenrechte in China verlangen. Durch Lius Verhaftung sollen offenbar tausende Chinesen eingeschüchtert werden, die sich den Erstunter- zeichnern angeschlossen und ihren Namen unter das Dokument gesetzt haben.

Am Vormittag des 8. Dezember stürmte ein Dutzend Polizisten Lius Wohnung in Peking und beschlagnahmete Computer, Bücher und persönliche Gegenstände. Offiziel verdächtigt die Polizei den Dissidenten der "Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt" - ein Vorwurf, mit dem sich die Behörden immer schon un- liebsame Kritiker vom Hals zu schaffen suchten. Unter demselben Vorwand befindet sich derzeit auch Hu Jia (Foto unten mit Familie) im Gefängnis, der Empfänger des Sacharow-Preises 2008 für geistige Freiheit. Alle Appelle aus den Vereinigten Staaten und der Eu Liu freizulassen, blieben bisher fruchtlos. Für den Schriftsteller und Philo- sophen ist die Verhaftung nicht der erste Zusammenstoß mit den Behörden. Liu war einer der führenden Köpfe der Studentendemonstra- tionen, die im Juni 1989 von der Armee blutig niedergeschlagen wurden, und beteiligte sich damals auch an einem Hungerstreik. Er wurde zu einer Freiheits- strafe  von 20 Monaten verurteilt. 1996 wurde Liu Xiabo dann für drei Jahre in ein Umerziehungslager gesteckt.


Anders als viele der Demonstranten von damals hat Liu sich bis heute nicht mit der Einheitsdiktatur arrangiert. In seinen Artikeln sprach er sich immer wieder gegen dei Verhaftung von Dissidenten und Journalisten aus, prangerte die Zensur des Internets an und forderte das chinesische Volk dazu auf, das Massaker von 1989 nicht zu vergessen. und gegen die "offiziell verordnete Amnesie" zu kämpfen. Nach den Unruhen im März 2008 in Tibet war Liu Xiaobo einer der wenigen, die sich öffentlich gegen die Propaganda der Regierung wandten, es handele sich um eine Verschwörung krimineller Separatisten, und einen Dialog der Regierung mit dem Dalai Lama befürworteten.

Geboren wurde Liu Xiaobo 1955 in der nordostchinesischen Industriestadt Changchun. Er studierte Literaturwissenschaft und wurde Professor in Peking. In den achziger Jahren wurde er Literaturkritiker, seit Jahren darf er in China nicht mehr veröffentlichen. In den vergangen Jahren konnte sich Liu der Aufmerksam- keit der Staatsmacht sicher sein. "Wenn Polizisten vor meiner posiert werden, weiß ich, daß irgendein hohes Tier aus dem Ausland in der Stadt sein muß", hat er ein- mal gesagt. (Till Fähnders)