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Milliardäre kaufen sich Zeitungen - zum Schaden der Pressefreiheit

DIE ZEIT, 5, 2009
 
Und wieder steigt ein Milliardär groß ins Zeitungsgeschäft ein. Dieses Mal ist es Carlos Slim. Vor Beginn der Finanzkrise wurde sein Vermögen auf 60 Milliarden geschätzt. Zu Hause in Mexiko und in anderen lateinamerikanischen Staaten be- treibt er große Mobilfunkfirmen. Ihm gehören Hotels, Halbleiterfabriken, Tabak- und Handelsfirmen. Nun erwirbt er für gerade einmal 250 Millionen Dollar Schuld- scheine der berühmtesten Zeitung der Welt: der New York Times. Kann der Verlag nach Ablauf nicht zahlen, erhält Slim 11 Prozent der Stammaktien. 6,9 Prozent ge- hören bereits ihm. Die entscheidende Frage lautet hier: Ist es ökonomisch sinnvoll und im Sinne des Gemeinwohls, wenn branchenfremde Milliardäre jene Orte kon- trollieren, an denen öffentliche Debatten stattfinden, wo sich Bürger umfassend informieren? Die Erfahrung zeigt leider eindeutig:  Die Investoren sind nicht Se- gen, sondern Fluch. Besonders eindrücklich ist das in Frankreich zu beobachten. Die Wirtschaftszeitung Les Echos gehört inzwischen dem Milliardär Bernard Ar- nault, der bestimmender Aktionär des Luxusgüterkonzerns LVMH ist (Louis Vuit- ton, Moet et Chandon). Der Industrielle Serge Dassault kaufte sich Le Figaro, wäh- rend Investor Edouard de Rothschild "nur" einen Anteil an Libération erwarb, ge- nauso wie der Rüstungs- und Medienunternehmer Arnauld Lagardére bei Le Monde. Mit den Milliardären haben die Zeitungen aber nicht etwa an Stabilität gewonnen: Die Auflagen sinken. Und die Blätter können nicht mehr glaubwürdig - manchmal auch nit frei - über Rüstungsgechäfte berichten oder über Luxusgüter oder über enge Freunde des Besitzers, etwa de französischen Präsidenten. Aus dem gleichen Grund droht auch der New York Times Schaden: Mexiko ist eine der wichtigsten Handelspartner der USA und mit Blick auf Südamerika ein strate- gischer Bündnispartner. Überall dort werden die Interessen von Carlos Slim  berührt. Könnte also der Milliardär  weitere Stammaktien erwerben, wäre die Zei- tung bei einem wichtigen Thema keine über alle Zweifel  erhabene Quelle mehr. Bedeutsam sind solche Überlegungen für Deutschland, da auch hier viele hiesige Zeitungen finanziell angeschlagen sind. Auch hier werden Eigentümer gezwungen sein, potente Geldgeber zu suchen. Doch unter deutschen Milliardären? Bei den Quandts, Oetkers oder Schmidt-Ruthenbecks? Wer von ihnen könnte die Selbstdisziplin aufbringen, nie an den Hebeln der Medienmacht zu spielen? GOH